08.09.2018 - 28.10.2018 Bronnbach - Die Ausstellung

"Tradition und Moderne - Stille und lebendiges Wirken"

   Seit November 2016 haben mein Fotografenkollege Walter Hörnig und ich das Kloster Bronnbach mit der Kamera begleitet. In allen Facetten, in all seiner Vielfalt. Nun entsteht hieraus eine gemeinsame Fotoausstellung.

 

 

  Bronnbach hat uns überrascht, das Kloster hat uns überrascht! Wir sind bei unserer Aufgabe das Kloster fotografisch zu begleiten nicht einfach einer historischen Stätte, nicht etwa einem Relikt, einem Fossil, begegnet, sondern einem höchst lebendigen Ort, der längst aus seinem Dornröschenschlaf erwacht war und sich völlig neu erfunden hatte.

 

   Bronnbach, das sind mehr als 850 Jahre verdichtete Kultur und Geschichte, Bronnbach, das ist heute auch ein weit gespannter Begegnungsort für anspruchsvolle Musik, Kunst, Weiterbildung und geistigen Austausch, nicht zuletzt spiritueller Erfahrung. Eine Manege für Kulturschaffende, ein Ort der Information und des Lernens, der Diskussion und der Bereicherung. Kloster Bronnbach, das ist steingewordene Geschichte auf der einen und moderner kultureller Treffpunkt auf der anderen Seite. 

 

   Ein Kloster aus dem 12. Jahrhundert kann erzählen, da ist etwas, was uns Fotografen so sehr animiert. Vielleicht sind es die glattgelaufenen Böden, die erodierten Säulen, Kapitelle und Skulpturen, oder der gebeugte Kreuzgang - der so schwer an der Last der vielen Jahre zu tragen hat. Das alles suggeriert Geschichten aus längst vergangenen Zeiten, man kann sie plastisch sehen, strebt danach, den alten Mauern ihre Vita zu enträtseln, fände man nur die rechte Perspektive, sie anderen mitzuteilen. Ich denke, das genau ist es, was die Fotografie, gerade an einem solchen Ort, so faszinierend macht, sein ganz besonderer Genius Loci. 

 

   Wir Fotografen wählen durch das Objektiv einen Ausschnitt, wähnen darin zugleich ein Fenster in die Vergangenheit, der wir in unseren Gedanken eine kleine Geschichte geben und möchten anderen davon berichten. Wir sehen nicht einfach ein Gewölbe im Kreuzgang, faszinierend, formperfekt, anmutig und kunstvoll, das alleine schon jedes Bild wert wäre, nein, wir haben dazu eine Mähr. Im Kloster phantasieren wir die Mönche, die hier betend oder ihrem Tagwerk folgend den schweren Bodensteinen ihre glatte Patina gegeben haben, im Laufe unzähliger Dekaden. Äbte, Bischöfe, Edelleute, - Grafen, Fürsten oder Könige, die hier Kontemplation suchend wandelten, auch sie gaben den Steinen ihren Glanz, lange schon bevor Touristen kamen, um dies fortzuführen. 

 

  Oder die Arkaden, abgegriffen, angeschlagen, Splitter oder Stücke fehlen, der Sandstein schwindet, legt sich Altersfurchen zu. An manchen Stellen kann man die Kunst des Meisters nur noch erahnen, sehr häufig blieb jedoch, gottlob, ihre Schönheit bewahrt. Dann begleiten und gestalten die eigenen Gedanken die fotografische Exkursion, das gerade entstehende Bild und man philosophiert dabei: "Wer war der Steinmetz, wie sah er aus und wann hatte er gelebt?", "Hatte er Kinder, ist seine Familie satt geworden, von seiner Kunst?". Er musste, während er sein Zeichen, seine Signatur an der Säule verbarg, darüber nachgedacht haben, dass Nachgeborene seine Werke weit, weit nach seiner Lebenszeit einmal bestaunen. Sie würden sein Gesicht nicht kennen, auch seine Geschichte nicht, vermutlich nicht einmal den Namen. Aber das was er erschuf, das wusste oder ahnte er, das sollte viele Generationen begleiten und überdauern, in eine völlig neue, andere Zeit hinüberreichen. Wer kann das heute ernsthaft noch von seinem Lebenswerk erhoffen?

 

   Bronnbachs klösterliches Ensemble ist beeindruckend, ist inspirierend, vom neu gestalteten Barockgarten bis hin zum Chorgestühl oder den wundervollen Arkaden des Kreuzgangs und des Kapitelsaals. Aber - Kloster Bronnbach ist auch Teil einer sehr besonderen Nahumgebung, die in Wertheim mit der großartigen Altstadt und ihrer krönenden Burg ihren Anfang nimmt und durch das mäandrierende Taubertal bis hin zur zauberhaften Gamburg reicht. Welche Region kann in solcher Dichte ein vergleichbar kongeniales Dreigestirn anbieten? Vielleicht sind wir uns manchmal gar nicht ausreichend darüber im Klaren, in welch privilegierter Umgebung wir hier im letzten Abschnitt des Taubertals aufgehoben sind! 

 

   Bronnbach ist also nicht zuletzt ein lohnendes Objekt für Landschaftsaufnahmen, sanft eingebettet zu Füßen des Schafhofs, am Flusslauf der Tauber und in motivgestaltender Nachbarschaft zum Satzenberg, der historischen Weinlage.

 

   Und diese Klosteranlage hat unzählige Ecken und Winkel, belebte, aber auch verlassene Gebäude, Dachböden und eigene Rebflächen, verwilderte und verborgene Gartenteile, selbst einen eigenen kleinen Gottesacker. Man könnte Bildbände damit füllen, die Motive sind Legion.

 

   Doch über das äußere Bild des Klosters hinaus, über all das hinweg, was man greifen kann, was materiell sich dem Besucher zeigt, da gibt es auch noch ein lebendiges und überaus aktives Klosterleben. Da existiert der Kulturort Bronnbach, ein echter Hotspot künstlerischen und intellektuellen Wirkens, da reichen sich schon lange junge Talente und etablierte Künstler die Hand, bereichern uns mit ihrer Musik oder ihren schöpferischen Fähigkeiten. Und dort bekommen nicht zuletzt die Menschen eine Bühne, die etwas zu erzählen haben, die ihren Sachverstand, ihre Erfahrung oder ihr Wissen weitergeben und denen wir Fragen stellen können. Dies alles und noch viel mehr macht Kloster Bronnbach heute aus, dies alles durften wir in den vergangenen beinahe zwei Jahren aus nächster Nähe kennenlernen und damit haben wir uns mit Kamera und Objektiv befasst. 

 

   Das Kloster zeigt sich einem Fotografen somit wahrhaft facettenreich. Wie fasst man das, wie grenzt man das ein? Wie schafft man es letztlich, den Bogen von der landschaftlichen Einbindung zum baulichen Ensemble der Klosteranlage, vom Allgegenwärtigen zum Verborgenen, von draußen nach drinnen und dann wieder bis hin zum ungemein umfangreichen kulturellen Knotenpunkt zu spannen? 

 

   Die Jahreszeiten, die kleinen Details, das was jeder sehen kann oder das was uns exklusiv zugänglich wurde. Vieles ist bereits fotografiert, zu jeder Tages- und Jahreszeit, bei jeder Wetterlage und aus jeder Richtung, gut oder manchmal auch beliebig. Jeder Besucher nutzt heute sein Smartphone und einem Facebook entgeht in unserer Zeit längst nichts mehr, man teilt seine Bilder mit der Welt! 

 

   So haben wir versucht neu zu sehen, anders zu sehen, neue Ausschnitte, neue Perspektiven, neue Nähe oder mit besonderer Präzision, vor allem auch - hinter die Kulissen zu schauen! Haben uns auf unsere vermeintliche Routine verlassen und ließen uns neu animieren von einer klösterlichen Atmosphäre, die längst nicht verschwunden ist und sich doch verändert hat. Suchten das was wir immer suchen, wenn wir fotografisch unterwegs sind, den Spirit der Stätte, den bereits oben zitierten Geist des Hauses.  

 

   Wir sind jungen und gereiften Künstlern begegnet, haben sie bei Proben oder ihrem Auftritt begleitet, großartigen Meistern ihres Fachs und großen Talenten, aber auch besonderen Persönlichkeiten. Sie zu portraitieren war uns eine Freude, ein Privileg. 

 

   Der Fundus an Bildern, die in beinahe zwei Jahren entstanden, ist enorm, so mussten wir uns an dieser Stelle beschränken. Die richtige Essenz, den richtigen Querschnitt auszuwählen, das fällt angesichts der Vielfalt an Motiven, die sich uns eröffnete, wahrhaft nicht leicht. So bleibt es eine Auswahl, eine Selektion, für die wir uns entschieden haben, die subjektiv, vielleicht nicht selten sogar willkürlich ist und letztlich doch den Blick aufs Ganze öffnen soll. Gehen wir also gemeinsam auf eine fotografischen Reise durch das Kloster Bronnbach, die bislang dem allgegenwärtigen Facebook noch nicht zuteil wurde. Nachstehend meine Ausstellungsbilder.

 

Gerd Brander, im September 2018